Ganz einfache Antwort? Weil für Babyboomer psychische Erkrankungen stark stigmatisierend sind. Die sagen deshalb zu einer arbeitsplatzbedingten Depression lieber Burnout.
Aber ist die Generation Babyboomer von arbeitsplatzbedingten Depressionen besonders stark betroffen? Leider ja.
Das fängt schon damit an, dass in meiner Generation (ich bin ein Babyboomer) Leistung an sich einen hohen Stellenwert hat.
Ich habe in meinem Berufsleben sehr viele Menschen kennengelernt, die ganz selbstverständlich jede Aufgabe mit maximalem Einsatz angehen. Eine wichtige Motivation ist dabei die Entwicklung der eigenen Karriere.
Die Organisationen, in denen sie arbeiten honorieren dieses Verhalten.
Oft wird diese Leistung unabhängig vom Arbeitsergebnis wertgeschätzt.
Es reicht schon, viel und lange zu arbeiten.
Dahinter steht oft der Glaubenssatz „nur wer etwas leistet ist etwas wert!“
Die Gefahr, dabei in eine gesundheitsgefährdende Überlastungssituation zu geraten ist sehr hoch.
Ich habe das auch geschafft. Damals arbeitete ich für einen Weltkonzern. Das Unternehmen war sich des Problems bewusst. Es hatte deshalb einen Vertrag mit der psychosomatischen Abteilung einer Uniklinik geschlossen. Diejenigen, die aus dem Hamsterrad gefallen sind, wurden so gut versorgt. Die aus meiner Sicht naheliegendere Idee etwas an den Ursachen für die vielen Burnout Fälle zu tun, hatte zu der Zeit niemand.
Die Lernkurve vieler Unternehmen scheint da eher eine horizontale Gerade zu sein. Zumindest könnte man das aus den jährlich veröffentlichten Statistiken der Krankenkassen und Versicherer schließen.
Mit Krankheitstagen und dauerhafter Arbeitsunfähigkeit durch Depressionen geht es seit Jahren zur aufwärts.
Babyboomer mit ihrem leistungsorientierten Arbeitsethos sind da also besonders anfällig.
Babyboomer sehen die Generation Z kritisch
Deren Bedürfnisse wie eine gute Work Life Balance, Wertschätzung durch Kollegen und Führungskräfte und sinnhaftes Arbeiten werden skeptisch gesehen.
Entscheider aus der Babyboomer Generation halten die Generation Z zudem für nicht kritikfähig.
Meine Tochter und mein Sohn würde ich als typische Vertreter der Generation Z ansehen und mein Bild ist ein etwas anderes.
Mein Sohn hat mit seiner Kritikfähigkeit seine Lehrer und seine Eltern jahrelang eingelullt. Er war immer höchst einsichtig bei berechtigter Kritik, um danach genau nichts zu ändern.
Auch meine Tochter hört bei Kritik aufmerksam zu. Sie hält sie nur selten für zutreffend.
Bei einem längeren Spaziergang sinnierte ich mit meinen Kids, ob ihre behütete Kindheit mit viel Wertschätzung und Montessorischule oder meine deutlich rauere besser auf das Leben vorbereitet. Insbesondere, wenn es mal schwierig wird und man Dinge tun muss, die einem keinen Spaß machen.
Meine Kinder haben mich zunächst überhaupt nicht verstanden und mir dann erklärt, dass sie nicht die Absicht haben, Dinge zu tun, zu denen sie keine Lust haben.
Tja, da prallen Welten aufeinander.
Unsere Kinder können einfach besser Nein sagen, achtsam sein, Grenzen setzen. Und sie bewältigen Stress besser, indem sie sich mit eigenen Zielen und der Sinnhaftigkeit von Aufgaben beschäftigen.
Babyboomer müssen das manchmal erst lernen, z.B. hier.
Andere verabschieden sich in eine Frühberentung oder Frühpensionierung – häufig mit depressiver Symptomatik aus Überforderungserleben.
An der Grenze zu diesem Schritt bekommen sie dann manchmal noch ein Jobcoaching, z.B. bei mir. Wir gehen dann oft erstmal in den Wald. Das hilft fast immer.
Das Überforderungserleben hat wenig mit der wöchentlichen Arbeitszeit zu tun.
Ich habe auch Coachees mit zuletzt 20 Stunden Wochenarbeitszeit, die klare Anzeichen von Burnout gezeigt haben.
Oft liegt dann die Ursache in der eigenen Biografie.
Aus schwierigen Beziehungen im Elternhaus entsteht dann manchmal ein Glaubenssatz, der zu einen sehr ungesunden Perfektionsanspruch an die eigene Arbeit führt. Verbunden mit einem starken Gefühl für alles verantwortlich zu sein, weil keiner so Gewissenhaft ist, wie man selbst, reichen dann schon 20 Stunden Wochenarbeit, um sich in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.
Die ersten Klagen, dass es jüngeren Generationen an der richtigen Arbeitseinstellung mangelt, sind auf ca. 5000 Jahre alten Tontafeln der Sumerer überliefert.
Dabei zeigen neue Studien in eine ganz andere Richtung. Eine Langzeitstudie der Universität Hamburg beschreibt Babyboomer im Vergleich zu früheren Generationen als weniger verträglich, ängstlicher, reizbarer und weniger stressresistent.
Leider liefert die Studie keine Antworten auf die Ursachen.
Diese Kombination aus leistungsorientiertem Arbeitsethos bei gleichzeitig geringerer Stressresistenz ist etwas Typisches für die Generation Babyboomer und erklärt vielleicht die hohe Zahl der Burnout Fälle.
Aber es gibt auch Hoffnung.
Früher ging die Persönlichkeitspsychologie davon aus, dass sich die Persönlichkeit ab dem Erwachsenenalter nicht mehr wesentlich ändert.
Heute gilt als gesichert, dass sich persönliche Kompetenzen in jedem Lebensalter entwickeln lassen.
Also können auch wir Babyboomer lernen uns abzugrenzen und das Leben zu führen, dass uns entspricht.
Wie das geht? Zum Beispiel mit dieser Selbst Coaching Methode.
Zum Ausprobieren:
Krafttier-Meditation
Baum-Meditation
Zum Weiterlesen:
Hallo Werner, bei Recherchen über die Werte der Babyboomer bin ich auf deinen wirklich interessanten Blog Artikel gestoßen. Ich frage mich, was wirklich die Ursachen für das Ausbrennen ist, wenn wir doch eigentlich mit dem Leistungsprinzip groß geworden sind. Da muss doch irgendwo eine Diskrepanz sein?
Vielleicht denken wir zu viel nach, weil wir die “erste” Generation waren, denen quasi die Hoffnung auf ein “besseres” Leben mitgegeben wurde und damit verbunden, die Option es anders zu machen, als unsere Vorgänger und vor lauter in Frage stellen, verpufft unsere Kraft?
Uups, schon wieder Fragen über Fragen.
Alles Gute und danke für den Artikel.
HerzLicht
Sonja Sophie Sonnenschein
Liebe Sonja, freut mich, dass Dir der Blogbeitrag gefällt.