Seit Beginn der Coronakrise wird auch über die vielen Chancen zu positiven Veränderungen geschrieben. Als überwiegend optimistischer Mensch habe ich mich auch beteiligt.
Allerdings scheint der Drang so schnell wie möglich wieder alte Verhaltensweisen aufzunehmen doch weitaus größer zu sein.
Gegen alle Vernunft wurde zuletzt die Maskenpflicht sogar von gestandenen Ministern infrage gestellt und auf dem Ballermann sah man zuletzt auch eher weniger Gesichtsmaskenträger.
Veränderung macht unsicher
Das menschliche Beharrungsvermögen ist eben enorm und alte Sicherheiten aufzugeben macht Angst, auch wenn viele Befürchtungen irrational sind.
Je nachdem, wie wir die Welt sehen, kommen wir mit neuen Situationen besser oder schlechter zurecht.
Vor allem frühkindliche Prägungen haben auf unsere Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber, großen Einfluss. Haben wir schon früh gelernt, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist, an dem wir um unser Überleben täglich kämpfen müssen? Oder waren wir in unseren verwundbaren, zerbrechlichsten Zeiten geborgen und behütet? Gab es verlässliche Menschen, zu denen wir vertrauen fassen und an die wir uns binden konnten? Oder sahen wir uns allein einer Welt gegenüber gestellt, die sich unserer Kontrolle entzog?
Wer kein Vertrauen ins Leben hat, findet Neues erst mal nicht so gut. Schließlich kann man nie wissen, nie sicher sein, was kommt.
Nur ist Corona da ziemlich mitleidslos und veranschaulicht uns trocken die Notwendigkeit zur Veränderung auf allen möglichen Ebenen. Das ist im Privatleben so und in der Wirtschaft nicht anders. Die Pandemie heißt so, weil sie unsere ganze Welt umfasst.
Große Konzerne führen flächendeckend Homeoffice ein und verändern ihre Unternehmens- und Führungskultur radikal.
Viele Familien, in denen es vorher schon nicht gut lief, sind durch den langen Lockdown zerbrochen.
Und wenn wir unsere Umwelt weiter im gleichen Maße zerstören, ist uns die nächste durch einen Zoonoseerreger ausgelöste Pandemie sicher.
Das sind nur einige Beispiele dafür, dass es ein Zurück zur alten Normalität einfach nicht geben wird.
Verleugnung als menschliches Reaktionsmuster
Ein typisch menschliches Reaktionsmuster besteht darin, die Notwendigkeit von Veränderung zu leugnen, so lange es irgendwie geht.
Damit habe ich auch meine persönlichen Erfahrungen. Ich wusste seinerzeit schon eine ganze Weile, dass die Optionen zur Rettung meiner Ehe eigentlich erschöpft sind.
Aber der Gedanke, meine Familie und das gerade erst gekaufte Haus zu verlassen, löste in mir panikartige Existenzängste aus.
Also redete ich mir die Situation noch eine ganze Weile schön, so gut ich konnte und verdrängte erfolgreich die traurige Einsamkeit tief in meinem Innersten.
Mit einem ordentlichen Lockdown, hätte ich vermutlich nicht so lange gebraucht, um eine Entscheidung zu treffen.
Die Auseinandersetzung mit Problemen und die Suche nach Lösungen beginnt nun mal erst, wenn es unumgänglich ist.
Und auch, wenn man schon auf einem guten Weg ist, gibt es immer wieder Versuchungen falsch abzubiegen, in der Hoffnung, die Probleme lösen sich irgendwie doch von selbst.
Sinnbildlich dafür steht das große Warten auf den Superimpfstoff, mit dem dann alles wieder gut wird.
Richtig spannend wird es, wenn sich die Hoffnung darauf als unbegründet erweist.
Wie kann also Veränderung gelingen, wenn sie als notwendig erkannt wurde?
Die Erfahrung zeigt, dass es alleine am schwierigsten ist. Im Team oder einer Gruppe ist nachhaltiger Bewusstseinswandel und Verhaltensänderung einfacher zu erreichen. Wichtig ist dabei, neben der kognitiven Ebene auch einen emotionalen Prozess zu durchlaufen. In der Gruppe kann dann eine Dynamik entstehen, die für die Veränderungsbereitschaft des einzelnen sehr förderlich ist. Wenn das Bemühen um Veränderung und Bewusstwerdung erste Erfolge bringt, erfährt man ganz neu, wie stark man sein kann. Wie gut es sich anfühlt, die Zügel wieder selbst in die Hand zu nehmen und fokussiert die Dinge anzugehen, die man auch wirklich gestalten kann. Man macht macht man die Erfahrung der Selbstwirksamkeit. Stück für Stück wächst dadurch das Selbstbewusstsein und mit Hilfe der Gruppe verkraftet man Rückschläge besser. Und mit der Zeit und etwas Übung kehren Mut und Ausdauer zurück.
Meine Mutmachergruppe habe ich z.B. in meiner Ausbildung zum systemischen Coach gefunden. Wir stehen uns auch jetzt noch bei, wenn es notwendig ist.
Ich freue mich, wenn Sie ähnliches in meinen Seminaren erleben.
Die Chance besteht in jedem Fall!