Was kann uns die Coronakrise lehren?

Eine typische Frage im Coachingprozess lautet: ”Was ist das Gute daran?” Kommt nicht immer gut, hilft aber, eine zusätzliche Perspektive auf sein Thema zu bekommen. Also hab ich mich das auch bei Corona gefragt und mit verschieden Lebensbereichen in Beziehung gesetzt.

Digitalisierung und New Work

Die Digitalisierung der Wirtschaft bekommt sicher einen gewaltigen Schub. Unternehmen sind nahezu gezwungen, ihre Geschäftsprozesse so weit wie möglich zu digitalisieren.
Allerdings merken die hierarchisch geprägten Unternehmen, die eher auf Kontrolle als auf Vertrauen und Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter setzen, dass ihre Art zu führen bei Mitarbeitern im Homeoffice an ihre Grenzen stößt. Für Mikromanagement, das kleinteilige Führen, ist räumliche Nähe wichtig. Der Chef braucht die Möglichkeit, seinen Mitarbeitern möglichst oft über die Schulter schauen zu können.
Unternehmen mit einer offenen Unternehmenskultur, flachen Hierarchien und durch persönliche Handlungsspielräume motivierte Mitarbeiter, haben deutlich bessere Voraussetzungen durch diese Krise zu kommen.
Denn Homeoffice funktioniert am besten, wenn man seinen Mitarbeitern vertraut und diese wissen, was sie zu tun haben. Das stärkt die intrinsisch Motivation. Da reicht es, sich alle paar Tage in der Videokonferenz abzustimmen und dann macht wieder jeder zu Hause weiter mit seinen Aufgaben.

Natur

Die Natur profitiert enorm von der Corona-Pandemie, einfach weil die umweltbelastende Industrieproduktion vieler Orten ruht. In China konnte man zuerst beobachten, wie sich z.B. die Luftqualität verbessert hat. Auch die natürlichen Lebensräume vieler Pflanzen und Tiere können sich vom Tourismus erholen.

Politik und Wirtschaft

Für die unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Systeme ist die Corona-Pandemie ein gewaltiger Stresstest. Bietet eine zentrale Steuerung ohne demokratische Teilhabe, bei der Entscheidungen zentral und damit weit weg von den unmittelbar Betroffenen und handelnden Menschen getroffen werden, Vorteile? Wie wirken sich Krankenversicherung und soziale Sicherungssysteme aus? Meine Hoffnung ist, dass Solidarität innerhalb einer Gesellschaft und über Staatsgrenzen hinweg sich als zukunftsfähiges Prinzip durchsetzen werden. Diese Pandemie wird es uns zeigen.

Kann man zwischen diesen Lebensbereichen Zusammenhänge finden?

Ja und ganz ohne Verschwörungstheorie. Die Systemtheorie liefert eine Perspektive, die uns größere Zusammenhänge erkennen lassen kann. In der Biologie gibt es das Konzept der Autopoiese. Die Natur wird dort als ein System begriffen, dass sich selbst erschafft, erhält, wandelt und erneuert.
Ziemlich genau das erwartet man auch von modernen Unternehmen und folgerichtig bewegt sich die moderne Arbeitswelt weg von hierarchischen Systemen hin zu sich selbst organisierenden Teams mit flachen Hierarchien, neudeutsch New Work genannt. In der modernen Organisationsentwicklung hat die angewandte Systemtheorie deshalb einen hohen Stellenwert.
Die Corona-Pandemie führt uns vor Augen, wie empfindlich unsere Wirtschaft als hochkomplexes global vernetztes System auf Störungen reagiert. Unsere politischen Führer müssen darauf Antworten finden, die wir sicher nur durch internationale Kooperation finden werden. Viele Menschen haben die Sorge, dass nun der Klima- und Umweltschutz an Bedeutung verliert, weil ja zunächst wieder die Wirtschaft in Gang kommen muss. Wie falsch das wäre, veranschaulicht ganz wunderbar dieses Video auf der Facebookseite von BR24.
Wenn wir die Natur als ein sich selbst erhaltendes System begreifen und den Corona-Virus als einen Teil davon, dann verhilft er durchaus gerade der Natur zu einer dringend notwendigen Atempause vor uns.
Und er gibt uns Zeit, darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist. Wenn wir so weiter wirtschaften und die letzten natürlichen Ressourcen ausbeuten, steigt das Risiko für neue Pandemien. Es gibt durchaus tragfähige Konzepte wie es anders gehen könnte.

Wie denken Sie darüber?

Bleiben Sie gesund!