Das Bestreben, unsere Welt zu vermessen und auf einfache Wahrheiten zu reduzieren, nimmt ungeahnte Ausmaße an.
Neulich gefunden: Sage mir, wie viele Bäume vor Deinem Fenster stehen und ich berechne Dein individuelles Depressionsrisiko.
Tatsächlich gibt es eine Professorin für Ökosystemleistungen, die genau diesen Zusammenhang nachweisen konnte.
Wobei mich das Wort “Ökosystemleistung” auf die Palme bringt. Gefühlt umschreibt es das Gegenteil von meinem Naturverständnis. Für mich ist der Wald kein Ökosystem, dessen Leistung zu messen ist. Bäume sind für mich nahe Verwandte, mit denen ich in einer Beziehung oder sogar einem Abhängigkeitsverhältnis stehe.
Ohne Wald voller Bäume geht es mir schlecht. Glücklicherweise wohne ich am Rand eines alten, artenreichen Waldes.
Wer dieses Privileg nicht hat, darf sich auf neue Art benachteiligt fühlen. Es gibt inzwischen den Ausdruck “Umweltgerechtigkeit”. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie gut und wie gerecht der Zugang zu natürlichen Ressourcen, z.B. in der Stadt, geregelt ist.
Städte sind ein Risikofaktor für unsere psychische Gesundheit
Auch hierfür gibt es Belege. Das Schizophrenie-Risiko ist in Städten mindestens doppelt so hoch und das Depressionsrisiko sogar eineinhalbmal höher als auf dem Land.
Wenn man bedenkt, dass 2050 wahrscheinlich zwei Drittel der Menschen überall auf dieser Welt in Städten leben werden, verheißt das nichts Gutes.
Wie schlecht es heute vielen Menschen geht, macht eine weitere Statistik deutlich
Rund 45 Prozent der Deutschen sind von Depression direkt oder indirekt betroffen.
Diese Zahlen muss man erstmal sacken lassen. Und der Zusammenhang ist offensichtlich:
Der Kontakt zu natürlichen Umgebungen, vor allem dem Wald tut uns gut, aber wir entfernen uns immer weiter von ihr, hin zu den Städten.
Gleichzeitig nehmen seelische Erkrankungen wie Depressionen stark zu.
Finde den Fehler.
Ich kann hier eigene Erfahrungen beitragen.
Zum einen mit Depressionen und zum anderen, mit der Natur.
Es gibt wenig Erkrankungen, die das eigene Lebensgefühl und das des näheren sozialen Umfelds so nachhaltig nach unten ziehen können.
Nach einer größeren Anzahl depressiver Episoden in den letzten 40 Jahren, weiß ich, wovon ich rede.
Zwei Dinge brachten mir Heilung
Zwei Dinge haben mir so gut geholfen, dass ich die letzten acht Jahre durchaus Krisen, aber keine Depressionen mehr hatte:
Gute TherapeutInnen und viel Zeit in der Natur.
Der Entwicklungspsychologe Bill Plotkin, der meine Arbeit maßgeblich inspiriert hat, beschreibt es so:
“Wir können zur Ganzheit wachsen, in dem wir Natur und Seele als unsere weisesten Führer annehmen.
Jedes menschliche Wesen verfügt über eine einzigartige mystische Beziehung zur Natur, wobei die bewusste Entdeckung und Kultivierung dieser Beziehung im Zentrum des wahren Erwachsenensein steht.”
Wie so ein Kultivieren aussehen kann, darüber habe ich schon geschrieben.
Von einem besonders intensiven, sogar mystischem Naturerlebnis werde ich voraussichtlich im nächsten Blog berichten.
Ich habe nämlich an Maria Lichtmess an einer Schwitzhütten Zeremonie teilgenommen.